Julia Schoenen

In den kleinformatigen Stillleben steht die Auseinandersetzung mit dem Heideggerschen Seinsbegriff im Vordergrund: Dinge und unsere Wahrnehmung von ihnen sowie die Einteilung des Seienden in Grundstrukturen der Wirklichkeit.

Das Hauptmotiv, das Schmutztuch, ist ein banaler Alltagsgegenstand, dessen amorphe Form durch seine Vielfältigkeit und Einfachheit besticht. In ihren Stillleben versucht Julia Schoenen sich dem Wesen des Tuches jedes Mal von Neuem zu nähern, sich vertraut zu machen. Das rational gewählte Motiv wird in sensibler emotionaler Annäherung im Zwiegespräch mit dem Gegenstand in Ausschnitten mit Licht, Farbe und Kontrast erschlossen. Der Schmutzlappen zeigt keine Attitüde stattdessen Arbeitsspuren und Alltäglichkeit. Das WAS stellt kein Rätsel dar, sodass es unweigerlich zu einer Zuwendung zum WIE kommen muss: „Man mag es kaum glauben, aber es ist gerade diese sorgfältig bewahrte Gegenständlichkeit, aus der die Malerei ihre Freiheit gewinnt.“ Die Materialität von Farbe und Oberfläche, Malerei als Malerei, rückt in den Fokus. So ist Farbe in zweierlei Form präsent: im frei Abgebildeten und gleichzeitig als ihre materielle Gestalt im Prozess der Formfindung. Malerei wirkt hier als Akt der Aneignung und Verfremdung, indem sich gestische Pinselstiche gegen Flächen setzen. „Mit stiller Subversivität hebt die Malerei alle Sicherheit des Erkennens wieder auf. Bei den „Tüchern“ tanzen die lockeren Pinselspuren leicht über die weiße Fläche und scheren sich nicht um die Materialität des gewebten Tuchs. Dagegen bestehen die dunklen „Schatten“ aus einer dämmerigen Ausbreitung, deren weiche Übergänge und transparente Flächen weder die Verläufe des Farbauftrags spüren lassen noch auch die Härte des im Werktitel genannten „Betons“.“

Einen weiteren wesentlichen Aspekt bildet das serielle Arbeiten. Still life with cloth and concrete liegt eine eigene strenge Rahmensetzung zugrunde: In dem seriellen Malen begegnet die Künstlerin demselben Sujet immer wieder wie zum ersten Mal. In der Wiederholung lädt sich ein banaler Gegenstand mit Bedeutung auf. Die Auseinandersetzung mit dem selben Sujekt geschieht in einem gesetzten Zeitrahmen, der von den sich ändernden Lichtverhältnissen bestimmt wird, immer in Aufsicht und im selben Format. Diese formal strengen Bedingungen lassen malerisch jedoch große Offenheit in einer schnellen, intuitiven Behandlung der Farbflächen zu. So entstehen Farbgrenzen ohne Konturen, die trotzdem linear wirken und eine Suche nach Räumlichkeit in dem, was da ist. Raumwirkung setzt sich gegen Körperwirkung, sodass in der Betrachtung Spannung durch unterschiedliche Malmodi entsteht.


Vita Julia Schoenen

Lebt und arbeitet in Aachen

2017-2019 Studentin der Klasse Klaus Weber mit Meisterschülertitel, Kunstakademie Münster

2013-2017 Studentin der Klasse Henk Visch, Kunstakademie Münster


Ausstellungen

2021
Galerie Freitag 18.30, Aachen

2020
Galerie Freitag 18.30, Aachen

2019
still life with cloth and concrete, Galerie Freitag 18.30, Aachen
still life with cloth and concrete, Atelier Sascha Berretz, Aachen
Die Welt zum Gegenstand, Kunstverein Gelsenkirchen
still life with cloth and concrete, Kunstakademie Münster